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Stellungnahme der DGfS zur DGB-Expertise
Lesen- und Schreibenlernen ist der Schlüssel zu Bildung und Ausbildung,
aber Lesen und Schreiben wird an unseren Grundschulen nicht sicher vermittelt
Die jüngste Expertise des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur „Generation abgehängt“ zeigt, dass viele junge Menschen in Deutschland weiterhin keine Chance auf eine Ausbildung haben. Gleichzeitig zeigt die Eurydice-Studie der EU, dass Jugendliche in Deutschland oft nur unzureichende Lese- und Schreibfähigkeiten erwerben und damit ihre Ausbildung bereits von vorne herein vor Probleme gestellt ist. Die Lehramtsinitiative der DGfS fordert als Reaktion auf diese Studien eine Veränderung des Grundschulunterrichts zum Lesen- und Schreibenlernen: Die Probleme, die der Schulunterricht verursacht und die zur Erschwernis von Bildungs- und Ausbildungskarrieren führen können, müssen endlich abgestellt werden!
Die Lehramtsinitiative der DGfS kritisiert seit Jahren, dass der Lese- und Schreibunterricht in Deutschland auf zum Teil falschen Instruktionen an die Schüler beruht. Als eines (von leider sehr vielen) Beispielen für einen falschen Lese- und Schreibunterricht kann z.B. die Instruktion gelten, die Großschreibung mit der Wortart Substantiv zu verbinden. Die Sprachdidaktikerin Christa Röber, Mitglied der Lehramtsinitiative: „Die Regel <Nur Substantive schreibt man groß, und Substantive erkennt man am Artikel> führt die Kinder in die Irre, denn Wörter aller Wortarten können großgeschrieben werden.“ Halten sich Schüler demnach an solche falsch gefassten Regeln, produzieren sie zwangsläufig Schreibfehler ("die Rote hose“, "der Mann, der Über die Straße geht"). Die Schüler, die die Instruktionen ihrer Lehrer anwenden, werden also u.U. ausgerechnet dafür bestraft, dass sie die Anweisungen genau umzusetzen. Es lässt sich zeigen, dass der Schulunterricht in der Grundschule bei manchen Schülern deshalb den Lernerfolg eher behindert, als dass er ihn ermöglicht.
Seit über 20 Jahren liegen sprachwissenschaftliche und –didaktische Konzeptionen vor, die Schülern einen sichereren Weg zur Schrift ermöglichen können. Die Umsetzung dieser Erkenntnisse wird aber in Deutschland nicht geleistet. Jede weitere Studie, die die Schwächen des Lese- und Schreibunterrichts hierzulande belegt, muss daher als neuerlicher Beleg für das Anliegen der Lehramtsinitiative gewertet werden: Der Lese- und Schreibunterricht muss endlich auf der Basis gesicherter Erkenntnisse erfolgen, die Wege zeigen, nach denen Lesen und Schreiben tatsächlich gelernt werden! Wir fordern daher Bildungspolitiker, Schulbuchverlage, die Lehrerschaft und alle in der Aus- und Fortbildung von Lehrern Tätigen sowie außerschulisch Lehrende auf, die dringenden nötigen Veränderungen zu unterstützen: Diese Veränderungen können keine bloß oberflächlichen Nachbesserungen im Detail sein. Die Reform des Lese- und Schreibunterrichts muss gründlich und fundiert sein, wenn die Probleme unserer Schulkinder wirkungsvoll angegangen werden sollen.
Links/Downloads
- DGfS-Themenbox zum Thema Lese- und Rechtschreibunterricht
- eine etwas ausführlichere Stellungnahme als pdf
Externer Link zur DGB-Expertise:
http://www.dgb.de/themen/++co++32d1b8f0-f2ae-11e1-8b3b-00188b4dc422 (Dort kann auch der vollständige Text der Expertise heruntergeladen werden.)
Kontakt
- Erste Vorsitzende der DGfS: Prof. Dr. Regine Eckardt (regine.eckardt@phil.uni-goettingen.de)
- Ansprechpartnerin der Lehramtsinitiative der DGfS: Prof. Dr. Angelika Wöllstein (woellstein@ids-mannheim.de)
- DGfS-Expertin zum Lese- und Rechschreiberwerb: Prof. Dr. Christa Röber (christa.roeber@germanistik.uni-freiburg.de)
- Pressesprecher der DGfS: PD Dr. Volker Struckmeier (pressesprecher@dgfs.de)