Universität Bielefeld Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) 2006 an der Universität Bielefeld Universität Bielefeld

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AG/Workshop #14



AG 14: Hybriddialekte  
 

Raum / Room: C01-142

Anja Voeste

Judengasse 8

5020 Salzburg

Österreich

Tel.: 0043-664-4189982

E-Mail: voeste@mails.at


Dialektabbau, -verfall und -sterben sind Bezeichnungen für langfristige Veränderungen im Varietätenspektrum, die seit dem Übergang von der Auto- zur Heterozentrierung (Maas 1983, 1985) im 16. Jh. in chrono- und topologisch unterschiedlicher Intensität zu verzeichnen sind. Für die Schriftsprache ist der Übergang zur nhd. Einheitssprache vor der Folie der Nationalstaatsbildung häufig als zielgerichtet interpretiert worden. Diese teleologisch vereinfachende Sichtweise beeinflusst auch die Interpretation der gesprochenen Sprache, die angeblich dieselbe Entwicklung – quasi zeitverzögert – nachvollziehe. Der Rückgang gesprochener lokaler Varietäten ist jedoch kein mit der Schriftsprachentwicklung vergleichbarer Übergang zu einer Standardvarietät. Vielmehr handelt es sich um verschiedene Verdrängungs- und Ausgleichs­prozesse, bei denen Varietäten sowohl schwinden als auch neu entstehen:

Verdrängungsprozesse: Lokale Varianten werden durch nicht-autochthone Varianten verdrängt. Dieser Vorgang erfolgt durch geolinguistische Diffusion (Britain 2001) entweder (i) als Ansteckungsprozess mit einer (im Idealfall konzentrischen) Ausbreitung von einem lokalen Innovationszentrum bzw. von einer regionalen „Basis“ aus (Horvath/Horvath 2002) oder (ii) als „Cityhopping“ entlang einem Gefälle von Städten unterschiedlicher Zentralität (Christaller 1933). Erst in einem zweiten Schritt gelangen die neuen Varianten in die städtischen Peripherien und die ländlichen Gebiete.

Ausgleichsprozesse: Lokale Varianten werden nicht verdrängt, sondern in arealen Ausgleichs­prozessen in neue Varietäten integriert. Durch Dialektkontakt (Trudgill 1986) bilden sich (i) supralokale Koines, Hybridialekte, die aufgrund der politischen Integration und der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung in immer größeren Kommunikationsräumen Verwendung finden (Regiolekte, Supraregiolekte/Destandardisierung) und (ii) lokale Koines, wie sie etwa für Trabantenstädte beschrieben werden (vgl. Dyer 2002, Kerswill/Williams 2000).

Die Kurz-AG soll sich der Dokumentation und Analyse dieser Wandlungsprozesse widmen. Erwünscht sind sowohl Beiträge zur theoretischen Fundierung als auch zur empirischen Beschreibung der genannten Prozesse.


Britain, David (2001): Space and Spatial Diffusion. in: Chambers, J.K. u.a. (Hgg.): Handbook of Language Variation and Change. Oxford, S. 603–637.

Christaller, Walter (1933): Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und Entwick­lung der Siedlungen mit städtischen Funktionen. Jena.

Dyer, Judy (2002): ‘We all speak the same round here’: dialect levelling in a Scottish-English community. In: Journal of Sociolinguistics 6, S. 99–116.

Horvath, Barbara/Horvath, Ron (2002): The geolinguistics of /l/ vocalisation in Australia and New Zealand. In: Journal of Sociolinguistics 6, S. 319–346.

Kerswill, Paul/Williams, Ann (2000): Creating a new town koine: children and language change in Milton Keynes. In: Language in Society 29, S. 65–115.

Maas, Utz (1983): Der Wechsel vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen in den norddeutschen Städten der frühen Neuzeit. In: Cramer, Thomas (Hg.): Literatur und Sprache im historischen Prozeß. Vorträge des Deutschen Germanistentages Aachen 1982. Bd. 2: Sprache. Tübingen, S. 114–129.

Ders. (1985): Lesen – Schreiben – Schrift. Die Demotisierung eines professionellen Arkanums im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 59, S. 55–81.

Trudgill, Peter (1986): Dialects in contact. Oxford.


Liste der Vorträge

  • Sandra Aitzetmüller:
    Staatsgrenze - Dialektgrenze?! Zur Dialektentwicklung an der deutsch-österreichischen Staatsgrenze
  • Michael Elmentaler:
    Zur Rolle des interregionalen Sprachkontakts bei der Genese regionaler Umgangssprachen
  • Roland Kehrein:
    Zum Variationsraum zwischen der deutschen Standardsprache und Dialekten
  • Elissa Sobotta:
    Hybriddialekte in Paris. Phonologische Ausgleichsprozesse bei Migranten aus Aveyron und Guadeloupe
  • Helmut Spiekermann:
    Ausgleichs- und Verdrängungsprozesse im Regionalstandard Südwestdeutschlands
  • Doris Tophinke, Evelyn Ziegler:
    Warum Spracheinstellungen nicht ohne Berücksichtigung des Kontextes beschrieben werden können: Aufriss einer neuen Forschungsperspektive
  • Anja Voeste:
    Hybridialekte: Einführung
Übersicht/
overview
 
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