Lesen und schreiben - wie lernt man das?

Für eine wissenschaftliche Fundierung des Lese- und Schreibunterrichts

Die Bildung, so die einhellige Meinung, ist ein hohes Gut in Deutschland: Sie sei das zukünftige Kapital unseres Landes. Für den Erfolg von schulischer und außerschulischer Ausbildung von Kindern und Jugendlichen gibt es nun allerdings eine wichtige Vorbedingung: ein guter Lese- und Schreibunterricht. Gerade beim Lesen und Schreiben aber schneiden deutsche Schüler leider nicht gut ab, wie PISA und IGLU gezeigt haben – vor mittlerweile zehn Jahren. Bestürzend ist, dass die Folgeuntersuchungen, aber auch L.E.O. in 2011 die Befürchtung bestätigen, dass in diesem Bereich keine signifikanten Verbesserungen erzielt wurden – in einem Bereich, der für das schulische Lernen fundamental ist.

Nähert man sich dem Problem aus sprachdidaktischer und sprachwissenschaftlicher Perspektive, ergibt sich folgendes Bild:

  • Die Lehrwerke im Bereich Lesen und Schreiben entsprechen in mancherlei Hinsicht nicht dem Stand der Lese- und Schreibforschung.
  • Es ist anzunehmen, dass viele Probleme, die Schülerinnen und Schüler im Lese- und Schreibunterricht haben, sich relativ direkt auf die inhaltliche Ausrichtung des Unterrichts zurückführen lassen.
  • Vor allem werden die Unterschiede in den Funktionen von gesprochener und geschriebener Sprache kaum berücksichtigt. Das Geschriebene wird so im Unterricht als eine Abbildung des Gesprochenen dargestellt. 
  • Bereits die Schreibungen und das Lesen von Kindern mit Deutsch als Erstsprache widerlegen aber diese Konzeption -- und in besonderem Maße die Schreibungen von Kindern mit anderen Erstsprachen.

Es erscheint daher plausibel, dass eine Modernisierung des Unterrichts (und der Lehrwerke) in der Lage wäre, die Probleme schnell und wirkungsvoll anzugehen.

Seit dem vergangenen Jahr zeichnet sich nun zwar eine stärkere Kooperation der beteiligten Disziplinen ab: Sprach- und Schriftdidaktiker und Sprachwissenschaftler sind z.B. beteiligt an der Neuformulierung der „Leitlinie Diagnostik und Therapie der Lese- und/oder Rechtschreibstörung", die von den Dachverbänden der Psychologen, Psychiater und Mediziner erstellt wird. Entscheidend aber wird sein, dass Leitlinien und Absichtserklärungen auch in reale Veränderungen übersetzt werden: Lehrerinnen und Lehrer müssen die neuen Erkenntnisse konkret umsetzen können. Es bedarf hierfür nicht zuletzt auch z.B. des Angebots der Schulbuchverlage: Es werden Lehrwerke benötigt, die den Schriftlernern klar, nachvollziehbar und inhaltlich widerspruchsfrei aufzeigen, wie Rechtlesen und Rechtschreiben systematisch aufgebaut werden können. Hiervon würden alle Schülerinnen und Schüler direkt profitieren.