DGfS-Jahrestagung 2011

Arbeitstag Linguistische Pragmatik

Zeit und Ort: 22. Februar 2011, Georg-August-Universität Göttingen

Webseite: http://www.alp-tagung.de/

Empirische Zugänge zur Semantik

Die Beschäftigung mit der Semantik hat eine lange Tradition in der Linguistik. Ihr Kern ist traditionell die lexikalische Semantik, welche die Bedeutung größerer sprachlicher Einheiten wie Sätze oder Texte im Sinne einer Dekompositionsanalyse auf die Wortbedeutung rückbezieht. Anders als traditionelle Semantiktheorien, wie zum Beispiel die Wortfeldtheorie oder die strukturalistische Merkmalsemantik, gehen viele neuere Ansätze bei der Beschreibung von Bedeutung über die Wortgrenze hinaus und nehmen empirische Untersuchungen der alltäglichen Sprachwirklichkeit vor. Die semantische Kompetenz, die für die Interpretation eines sprachlichen Ausdrucks benötigt wird, wird dabei nicht auf elementare, wahrheitsfunktional beschreibbare Wissensbestände beschränkt, sondern als reiches, soziokulturell geprägtes Bedeutungswissen verstanden. Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass der situative Kontext, in dem Bedeutung im Zuge des kommunikativen Handelns der Gesprächspartner interaktiv konstituiert wird, für die Interpretation von Ausdrucksbedeutungen eine wichtige Rolle spielt.

Die Diskussion in der gebrauchstheoretischen Forschung zur Semantik befasst sich in jüngerer Zeit insbesondere mit der Frage, wie reich spezifiziert die lexikalische Bedeutung sprachlicher Ausdrücke ist und wie die Kategoriengrenzen sprachlicher Zeichen erfasst und modelliert werden können. Die ALP 2011 möchte an diese Fragestellungen anknüpfen. Eingeladen wurden insbesondere Beiträge mit einem empirischen Hintergrund zu einem der folgenden Untersuchungsbereiche:

  • Modellierung von Bedeutungswissen (insbesondere im Rahmen diskurs- semantischer, Frame-semantischer oder konstruktionsgrammatischer Ansätze).
  • Diskussion der Interaktionsbeziehung zwischen linguistischen Ressourcen und Kontexten (z.B. Theorien des Kontextualismus, etwa der „meaning potentials“, oder Untersuchungen zur Bedeutungskonstitution im Sprachgebrauch).
  • Verortung semantischer Fragestellungen im Spannungsfeld des Semantik- Pragmatik-Verhältnisses.

Vortragende

Walther Kindt (Bielefeld)
Empirische Inferenzsemantik
Sabine Häusler (Halle)
“What’s mood got to do with it?” – Funktional-semantisch Parameter der Beschränkung von adverbialer Parataxe
Oliver Ehmer (Freiburg)
“Wenn du nicht zu meinem Geburtstag kommst, ist das weil…” Konditionale und kausale Aspekte der Konstruktion “wenn X, ist das weil Y” im Gesprächskontext
Markus Ising (Tübingen)
Kontext in diachronen Korpora und Erfahrungen aus kooperativer Typologieforschung
Beatrix Kreß (Hildesheim)
Bedeutungskonstruktion und -aushandlung im Netz: Geschlechtsspezifische Konstruktionen durch User in russischsprachigen Online-Foren
Theodoros Papantoniou (Potsdam)
Bedeutungskonstitution bei Reparaturen von Problemen des Sprechens
Kersten Sven Roth (Zürich)
Diskursrealisationen. Zum Programm einer pragmatisch-dynamischen Diskurssemantik
Tilo Weber (Nairobi)
Das Wechselspiel zwischen semantischem Wissen und aktuellem Verstehen in Gesprächen zwischen deutschen Muttersprachlern und kenianischen L2-Sprechern des Deutschen